Calamitates medicorum Teil 2
Wie in den Kommentaren zum letzten Post zu erfahren, ist mittlerweile der zweite Teil des “Leitfades für Jungmediziner” online. Wird das eine neue TV-Serie oder nicht?
Wie in den Kommentaren zum letzten Post zu erfahren, ist mittlerweile der zweite Teil des “Leitfades für Jungmediziner” online. Wird das eine neue TV-Serie oder nicht?
Calamitates Medicorum - Der Leitfaden für Jungmediziner, so heißt eine neue Serie auf YouTube. In der ersten Folge geht es um “Beziehungen und Famile. Neue Folgen sollen alle paar Wochen erscheinen.
Vor kurzem habe ich hier noch geschrieben, dass sich im letzten halben Jahr zum Thema Ärzteblogs keine Neuigkeiten ergeben haben (Ärzteblogs - Eine Sammlung, Juni 2008), so muss ich hier nun doch ergänzen. Erst fand ich bei Medi-Learn einen Thread zum Thema Ärzteblogs, aber auch da keine unbekannten Neuen. Aber gibt es direkt von ML seit dem Februar 2008 ein paar neue Blogs - Tagebuch eines Arztes, teilweise auch von Studenten.
Tagebuch eines Arztes 1
Hier schreibt eine Ärztin in einer angenehmen Regelmässigkeit, die vor kurzem die Weiterbildung Chirurgie begonnen hat.
Tagebuch eines Arztes 2
Das zweite ML-Blog wird von einer Ärztin im dritten Jahr der Gyn-WB beschrieben, auch hier, interessant und in guter Regelmässigkeit.
Doc-Blog von Dr. F. Höllering
Wie sie selber schreibt, ein Blog aus der Praxis, aus der Provinz, eine Hausärztin die ihren Beruf liebt.
Mein Feedreader ist aktualisiert, ich freue mich auf neue Artikel und Diskussionen.
(geschrieben von Hypnose-Kroete)
Striebel - Die Anästhesie (Anm.: Das dicke Buch, nicht die
Taschenbuchausgabe)
Sehr umfangreich. Steht alles drin, was man zur Narkose wissen muss und
kann. Schwierige Themen werden sprachlich einfach, aber dennoch richtig
und umfassend dargestellt. Eher theoretischer als praktischer Bezug aber
zum “Narkosen verstehen - planen - anwenden” meiner Meinung nach DAS
deutschsprachige Standardwerk.
Gute Bebilderung. Intensiv-, Schmerz-, und Notfallmedizin finden nur
insoweit statt, wie sie für den Anästhesisten im Saal eine Rolle spielen.
Schulte am Esch - Duale Reihe Anästhesie
Bewährte didaktische Spitzenqualität der Dualen Reihe.
Der Repetetorienteil, der sich durch das ganze Buch zieht fasst die
Kernpunkte zu den einzelnen Kapiteln gut zusammen, die weitergehende
Informationen im “Lehrbuchteil” sind ausreichend gut, gehen aber nicht
so in die Tiefe wie zB im Striebel oder Larßen, beharkt aber auch
Intensiv- Schmerz- und Notfallmedizin.
Das Buch wirbt mit klinisch-praktischem Bezug, die Fallbeispiele sind
aber erstaunlich phantasielos und nicht sehr einprägsam, die praktischen
Tipps lernt man in einer Woche Saaldienst auch als blutiger
Anästhesieanfänger, wenn man “alte Hasen” (vor allem die
Anästhesiepflegekräfte) als Tippgeber nutzt.
Schäfer - Klinikleitfaden Anästhesie
Ein Klinikleitfaden zur Anästhesie (Narkose).
Alles drin, praktisch, kurz, knapp.
Gerade für Anfänger ein dankbarer Begleiter und zwar weniger im Saal
(bevor man ein Problem mit dem Buch zu lösen anfängt lieber gleich den
Oberarzt holen) als bei der Prämedikation, wo man die Narkose plant,
Verfahren abschätzen und Risikoprofile bewerten muss.
Was man sich auch noch besorgen sollte ist ein knappes Büchlein über die
Beatmung, wenn man da gar keine Vorstellung hat und spätestens für den
Einsatz auf Intensiv wird dann der Taschenatlas Intensivmedizin und auch
ein “richtiges” Intensiv-Lehrbuch notwendig. Da sind die Intensivteile
in den umfassenden Lehrbüchern meiner Meinung nach niemals ausreichend.
Wer kennt das nicht. Das Examen ist vorbei, Details verschwinden langsam aus dem Gedächtnis und die erste Stelle droht. Entweder bleibt mn cool und gelassen und lässt sich überraschen, oder man versucht sich irgendwie darauf vorzubereiten. Egal wie, in den ersten Wochen werden einige Probleme auftauchen, welche die ein oder andere Literatur benötigen. Ich versuche einmal, ein paar Bücher vorzustellen, die für die ersten Monate in der Inneren Medizin nützlich sein können.
1) Das Kleine für die Kitteltasche
Als ersten wird wohl jeder losrennen, um sich eines von den “Kitteltaschenbüchern” zu besorgen, falls er es nicht schon im PJ verwendet hatte. Man hat die Wahl zwischen Grün und Blau, also Thieme und Elsevier. Große Unterschiede sind mir dabei nicht aufgefallen, beide sind relativ aktuell, kosten ähnlich. Ich hatte einzig den Eindruck, dass bei dem Klinikleitfaden (Elsevier) Dosierungen genauer/ausführlicher angegeben waren, in der Checkliste (Thieme) jedoch die Krankheiten für mich besser beschrieben waren. Aber, im großen und ganzen macht man mit keinem der Bücher etwas falsch.
2) Das Größere für den Schreibtisch
Alternativ kann man auch die Taschenbücher im Regal lassen und sich den Herold hinlegen, passt zwar in keine Tasche, aber das hat mich als notorischer Kittelhasser sowieso nie gestört.
3) Medikamente immer dabei
Sehr wichtig für den Anfang, kleine Bücher Medikamenten, für den Anfang unerlässlich, auch nur um mal eben das Schlafmittel nachzuschlagen, dass die Schwester aufgeschrieben haben will, aber auch um teilweise umfangreiche Therapieempfehlungen zu verstehen. Da gibt es wieder zwei gute Varianten. Perfekt für die Hosentasche, das Arzneimittel pocket. Alles was man braucht ist darin zu finden, Dosierungen und Umfang besser, Nebenwirkungen nicht immer auf den ersten Blick. Da scheint die Checkliste Arzneimittel A-Z etwas besser, passt aber wieder nur in eine Kitteltasche. Für das Gleichgewicht gegenüber dem Klinikleitfaden unerlässlich ;-) ausführlicher was die einzelnen Medikamente angeht, aber nicht so “schnell” wie das “Pocket”.
4) EKG für Anfänger
Ein weiteres Problemfeld für manchen, EKGs zu befunden. Erstmal denkt man, man könnte das schon, bis man ständig über “Abweichungen der Norm” stolpert, und zu einer internistischen EKG-Befundung gehört nunmal ein kleiner Roman. Die meisten denken bei EKG-Büchern sofort an “Isabel“, auch ich habe dieses Buch im Regal, aber ein anderes, viel besseres gefunden. “Horacek - Der EKG-Trainer“. Ein wirklich gutes Buch zum üben, zum trainieren. Von ANfang an muss man Original-EKGs befunden, mit jeder Seite kommt ein Aspekt mehr dazu. Wenn man das einmal durchgearbeitet hat, dann ist man wirklich fit.
5) Stauung oder Infiltrat
Auch gerne ein Stolperstein für den Anfang, Aufnahmediesnt und die ersten Rö-TX werden einem vorgehalten. Da bot sich ein Buch aus dem Studium an, “Squires Radiologie”, umfangreich und langwierig durchzuarbeiten, aber für das gezielte nachschlagen sehr gut. Oder kennt jemand ein besseres?
6) Die kleinen Problemchen des Alltags
Zusätzlich gibt es immer wieder “Fächer”, die man in der Praxis weniger gut meistert, Diabetes gehört oft dazu, in der Inneren hat eigentlich beinahe jeder einen Zucker. Auch da habe ich ein sehr wertvolles Taschenbuch für ein paar Euro gefunden, Diabetes 1×1 aus dem Springer-Verlag. Passt noch mit dem Arzneimittelpocket in die Hosentasche und ist Gold wert, um Prinzipien der Therapie nachzuschlagen.
Ich hoffe ich konnte dem ein oder anderen Klinik-Anfänger einen ersten Überblick geben. Prinzipiell muss man aber sagen, weniger ist mehr, und, gebraucht ist billiger als neu…
- Ein Märchen in mehreren Teilen -
(Quelle: Pixelio/by-sassi)
Und schon ging die Tür auf und zwei bunte Gestalten schoben eine Trage in das Aufnahmezimmer, schoben die ältere Dame in das Krankenbett, drückten mir ein paar Zettel in die Hand und brummelten beim rausgehen irgendetwas von TIA. Ich drehte mich um und sah… niemanden. Außer der Patientin war ich wohl der einzige im Raum. Wo war eigentlich mein netter Kollege, der mich einarbeiten sollte? Egal, muss jetzt so gehen.
Ich trat an das Bett und fragte die Patientin nach ihrem Namen. “Brublgm.” Wie bitte? “Hmbrmbl.” Wann hat das denn angefangen? Haben sie Schmerzen? Was haben sie denn für Erkrankungen, welche Medikamente nehmen sie ein? Eigentlich bekam ich immer die gleiche Antwort. Na gut, dann erstmal den Papierkram in die Hand genommen. Einweisung vom Hausarzt… AZ-Reduktion. Medikamentenplan von… 1999. RD-Protokoll, “Einweisung Hausarzt, V.a. TIA”. Also gut, erstmal Decke weggezogen und Arme und Beine bewegt. Eine richtige Lähmung, man weiß es nicht. Zunge raus, will sie nicht. Stirnrunzeln auch nicht. Pupillen! Die Lampe ist ihr wohl zu hell, aber immerhin kann sie die Augen zupetzen.
Vielleicht sollte man mal den Hausarzt anrufen. Ein freundlicher Anrufbeantworter, der mich auf die nächsten Sprechzeiten hinweist, morgen. Gut, dann bei ihr zu hause… aha, ein Altenheim. Nach 5 Minuten ging tatsächlich jemand ran. “Gaaaanz schlecht”, nix guud.” antwortet mir die nette Pflegerin auf die Frage, in welchem Zustand die Dame war.
Also gut, fassen wir zusammen. Mit AZ-Reduktion vom Hausarzt eingewiesen. “Check”. Reduziert ist sie wohl, in jeder Hinsicht. Vom Rettungswagen dann mit TIA reingeschoben. Neurologische Untersuchung gibt es nicht. Hier außer einer Dysathrie nichts besonderes. Krankengeschichte? Auch nicht vorhanden, niemand der erreichbar wäre oder meine Sprache spricht. Alte Briefe nicht da. Wie gehts weiter?
Ups… vielleicht doch mal Blutdruck messen und EKG schreiben. Blut abnehmen ist auch nicht dumm, hat man viel gutes von gehört. RR 110/70, ist ja ganz gut. EKG nach anfänglichen Bedienproblemchen auch fertig, könnte ja ein normofrequentes Vorhofflimmern sein. Immerhin gäbs ein thrombembolisches Risiko für eine Durchblutungsstörung in der Birne.
Nächster Plan, Kollegen fragen. Nach einigen Minuten habe ich ihn mit den Schwestern beim Kaffeetrinken gefunden. “Keine Zeit! Das machst du schon. Hast doch studiert.” Neuer Plan, Oberarzt fragen, wegen CCT, Strokebett etc. Tatsächlich, nach einer viertel Stunde kam er in die Ambulanz, wie nett. “Doktorchen, die Oma ist doch sowas von hinfällig, und… 90 Jahre alt! CCT? Auf keinen Fall! Schreiben sie Exsikkose hin, hängen ihr ein paar Infusionen an und ab auf Station. Ich sah noch den weißen Kittel im Ausgang verschwinden. Gesagt, getan. Ausarbeiten und hoch auf Station.
Passend dazu Feierabend, so kann es weiter gehen. Also wieder zum Kollegen, immer noch Kaffeetrinkend mit den Schwestern. “Wie sieht es denn mit Feierabend aus?” Na, klar! Aber vorher nochmal ein paar Braunülen und EKs auf den Stationen.Zwei Stunden später dann mein erster Feierabend. Überstunden? Auf keinen Fall aufschreiben, und schonmal garnicht als Anfänger. Man darf gespannt sein auf den zweiten Tag…
- Ein Märchen in mehreren Teilen -
(Quelle: Pixelio/pgm)
So, das war es also, das Medizinstudium 7 Jahre Vorlesungen, Seminare und Freizeit. Monatelang schwitzen fürs Examen, 3 Tage schriftlich, 2 Tage mündlich und schon ist man Arzt. Eigentlich ganz einfach. Promotion… nicht ganz so einfach, wird erstmal verschoben. Als nächstes steht die Stellensuche an. Ein Tipp, eine Bewerbung, ein Vorstellungsgespräch, ein Job. Auch ganz einfach. So richtig aufgeregt war ich nicht wegen des ersten Vorstellungsgespräch. Anzug gebügelt, nochmal zum Frisör und eine halbe Stunde zu früh. Drei obligatorische Fragen, was wollen sie machen, was haben sie für Interessen, wann wollen sie hier anfangen. Keine fünf Minuten und der Job war besiegelt. In zwei Wochen geht es also los, Innere, ein kleines ländliches Haus.
Man kann sich entscheiden, will man sich nochmal erholen, vor der Maschinerie Krankenhaus, oder will man sich vorbereiten, damit man die ersten Tage nicht in jedes Fettnäpfchen tritt. Spontan würde ich sagen, Freizeit genießen… Fettnäpfchen sind unausweichlich. Trotzdem, es wird nicht schaden, die 5 häufigsten Erkrankungen in einer Inneren Abteilung im Herold nachzuschlagen. COPD, Herzinsuffizienz, Hochdruck… Auch ein Kitteltaschenbuch kann nicht schaden. Kann man sich nicht entscheiden ob “Blau” oder “Grün”, dann nimmt man eben beide, ist sowieso besser fürs Gleichgewicht. Arzneimittelpocket? Gekauft. Kaum hatte ich den Herold aufgeschlagen und die Amazon-Bestellungen waren eingetroffen, waren die 2 Wochen auch schon um.
Unvermeidlich rückte der erste Tag heran, zugegeben, man freut sich auch darauf, noch. Also wird die Tasche gepackt, EKG-Lineal, Stethoskop, Taschenbücher und auf gehts in die Klinik. Frühbesprechung, kurzes Hallo, danach in die Verwaltung für Papierkram, Schlüssel und Kleidung. Bloß nicht zu schnell, dann steht als nächstes das erste Mittagessen mit den neuen Kollegen an. Danach erstmal in die Ambulanz, ein paar Wochen Einarbeitung mit den netten Kollegen, man soll ja so schnell wie möglich Dienste machen. Untersuch mal hier, schau mal da ins Labor, hier ein Röntgenbild, aber alles im Team, so kann es weitergehen.
Nach einer guten Stunde schaute die Ambulanzschwester um die Ecke. Es ist noch eine TIA angemeldet, der Krankenwagen müsste gleich da sein. Unsere Blicke kreuzten sich, langsam drehte ich mich um, der Blick meines Kollegen traf mich, ich vernahm ein Grinsen. “Dein Patient!” Draussen in der Einfahrt hörte ich schon das schwere Auto vorfahren, Hecktüren gingen auf, die Trage klapperte…